Datenkompetenz als neue Herausforderung
Jutta Isopp (Messfeld GmbH), Georg Güntner (Salzburg Research)
Welche Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse und Kompetenzen werden zukünftig von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Instandhaltungsbereich von Industrieunternehmen erwartet, um fit für Industrie 4.0 zu sein? Ein im Forschungsprojekt i-Maintenance entwickeltes Kompetenz- und Qualifikationsmodell bietet einen Leitfaden für die Qualifizierung in der Instandhaltung 4.0.
Mit Industrie 4.0 und der damit verbundenen Digitalisierung schwappt eine Welle von neuen Technologien in die Shop Floors der Fertigungsindustrie: Datenbrillen, Drohnen, 3D–Druck, Data Analytics, Predictive Maintenance, Augmented und Virtual Reality, IoT–Technologien und cyberphysische Systeme (digitale Zwillinge) versprechen –wenn man den Anbietern Glauben schenken darf – eine Erhöhung der Effizienz und bergen disruptives Potenzial für die traditionellen Geschäftsmodelle der Instandhaltung.
Fertigkeit, Kenntnisse und Fähigkeiten
Tatsächlich bietet die Digitalisierung für die Unternehmen eine Chance zur Weiterentwicklungund Optimierung ihrer Produktions– und Instandhaltungsprozesse. Als ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels erweisen sich dabei die Kompetenzen der handelnden Personen. Abhängig vom Reifegrad der Digitalisierung sind unterschiedliche Kompetenzen notwendig. Wobei Kompetenzen als Zusammenfassung der Fertigkeit, Kenntnisse und Fähigkeiten zu verstehen sind. (vgl. Abbildung 1)
Abbildung 1: Darstellung Kompetenzen
Die Herausforderungen im Bereich der Digitalisierung und der damit verbundenen Kompetenzen liegen in der sinnvollen Nutzung von Daten bzw. in der Überführung von Daten in nutzbaren Informationen und der daraus abzuleitenden Entscheidungen (siehe dazu Beitrag „Digitalisierung ohne Software“»). Aus technischer Sicht sind die Erzeugung, Speicherung und Verwaltung der Daten grundsätzlich gelöst, allerdings mangelt es in den Unternehmen an Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten für die Datenaufbereitung und –analyse.
Datenkompetenz im Spannungsfeld von Mensch, Technik und Organisation
Mitunter entsteht der Eindruck, die Digitalisierung sei in erster Linie eine Frage der Technologien, doch in der Praxis sind Unternehmen gut beraten, sämtliche Entscheidungen in Hinblick auf die Digitalisierung und die Nutzung der vorhandenen Daten im Spannungsfeld zwischen Organisation, Technik und Mensch zu treffen. Die vorhandene Organisation und das Zusammenspiel mit den handelnden Personen ist ebenso wichtig wie rein technische Lösungsansätze. Maßnahmen sind unter Berücksichtigung des digitalen Reifegrades zu treffen (siehe dazu den Beitrag „Fit für Instandhaltung 4.0?“ »).
Um die Qualifizierungsmaßnahmen und die Entwicklung der Kompetenzen zu systematisieren, wurde im Rahmen des Forschungsprojektes i-Maintenance ein Qualifizierungsmodell entwickelt, das ausgehend vom „digitalen Reifegrad“ des Personals passende Qualifizierungsmaßnahmen vorschlägt. Wie in Abbildung 2 gezeigt, erfolgt die Klassifikation des digitalen Reifegrads in einer fünfstufigen Skala, die bis zum „Experten-Status“ reicht. Die Einstufung erfolgt mittels eines Fragebogens innerhalb des Teams, wobei die befragten Personen aus unterschiedlichen Abteilungen (Instandhaltung, Produktion, aber auch IT) kommen sollen, zusätzlich wird angestrebt die Sicht von außen durch eine neutrale Fremdeinschätzung zu erhalten.
Abbildung 2: Beispielhafter Vergleich d. Einschätzung aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Im i-Maintenance Qualifizierungsmodell tritt aus praktischen Gründen neben die klassischen Dimensionen Fach-, Führungs-, Methoden- und sozialer Kompetenz eine zusätzliche Dimension, die der Digitalisierung und den dort vorherrschenden Datenzentriertheit Rechnung trägt: die Daten bzw. die „Datenkompetenz“: Diese ist nicht als eigenes Feld zu sehen, sondern bildet die Schnittmenge aus Fach-, Führungs-, Methoden- und sozialer Kompetenz. Die Kernkompetenzen des Instandhaltungspersonals wurden im Rahmen der Entwicklung des Ausbildungskonzeptes zur Trainingsakademie für Instandhaltung und Produktion in Anlehnung an die EN 15628 ([EN15628]) beschrieben. Lennart Brumby u.a. leiteten daraus einen auf der EN 15628 basierenden Qualifizierungsleitfaden für die Instandhaltung ab, in dem digitale bzw. Datenkompetenzen jedoch noch nicht gesondert berücksichtigt werden ([Brumby2015]).
Abbildung 3: Beispielhafter Vergleich d. Einschätzung aus unterschiedlichen Blickwinkeln
Die Betrachtung der Entwicklung einzelner Kompetenzfelder zeigt eine deutliche Verschiebung in den einzelnen Dimensionen. So wird zukünftig erwartet, dass alte bis dato wichtige Kompetenzen in dieser Form nicht mehr benötigt werden, dafür aber Kompetenzen für den Umgang mit neuen Technologien notwendig werden (vgl. [acatech2016]).
Daraus resultiert ein besonderer Bedarf in Hinblick auf Kompetenzen im Bereich der Datenauswertungen und Datenanalyse, kombiniert mit einem hohen Wissen aus dem Bereich der IT. Derzeit sind diese Kompetenzen in den Unternehmen erst bedingt vorhanden.